Montag, 4. November 2013

Mit der Transsib zum Baikalsee

Hallöchen :)

Die letzte Woche bin ich zum Baikalsee gefahren, der tiefste Süßwasser See der Erde und laut allen möglichen Infoseiten "Die Perle Sibiriens".

Vorab zwei Fragen, die mir gefühlt jeder während meiner Reise gestellt hat:
1. Warum ich zum Baikalsee fahre.
2. Warum ich alleine fahre.
Die erste Frage ist eigentlich ziemlich simpel zu beantworten: Weil ich den Baikalsee sehen wollte.
Und ich bin alleine gefahren, weil die Leute aus Tschita keine Zeit bzw. keine Möglichkeit hatten und die Zeit wegen des Wetters nicht unbedingt beliebt ist, um an den Baikal zu fahren.

1. Tag: Mit der Transsib nach Irkutsk
Am 26.10 gings um 0:00 für mich mit dem Taxi zum Bahnhof. Ein paar Stunden davor hab ich echt

angefangen daran zu zweifeln, ob es die richtige Entscheidung ist, allein durch Russland zu reisen. Aber die Tickets waren schon lange gekauft und ich wusste, dass ich es bereuen würde, wenn ich einen Rückzieher machen würde.
Also ging es dann nach "Pass auf dich auf mein Sonnenschein" und "Komm heile wieder mein Herz" von der Pförtnerin zum Bahnhof.
Am Bahnhof war weit und breit keine Spur von Anzeigetafel, geschweige denn von Gleisbeschriftung zu sehen und so hab ich dann den Zugführer nach dem Zug gefragt.
Meine Liege im Zug hab ich auch relativ schnell gefunden, auf der bereits eine ältere Frau saß.
"Wenigstens hab ich einen Platz unten" hab ich mir noch gedacht...
Als ich dann mit der Frau ins Gespräch gekommen bin und wir schon beim Natascha und Tante Olga waren, hat sie mich gefragt, ob wir nicht unsere Plätze tauschen können, weil sie nicht so gut auf die Liege nach oben kommt.
"Kein Problem" meinte ich und so hat sie sich direkt daran gemacht, mein Bett zu beziehen :D
Im Wohnheim hab ich mich bereits bettfertig gemacht, um so selten wie möglich das Bad im Zug nutzen zu müssen und so ging die Nacht im Zug auch schnell vorbei.
Irgendwann wurd ich noch einmal wach, weil Tante Olga aussteigen musste und mir noch zum Abschied einen Kirchenkalendar geschenkt hat, aber ansonsten verging die Zeit recht schnell.

Die Toilette roch mindestens genauso frisch wie sie aussieht..
In Irkutsk angekommen, hab ich mich mit einer anderen Olga getroffen, die ich über Couchsurfing kennen gelernt habe und bei der ich die nächsten 2 Nächte schlafen würde.
Nachdem wir dann alle Sachen bei ihr abgelegt haben, sind wir in die Stadt gefahren.
Nachdem wir uns die Sehenswürdigkeiten angeschaut haben, sind wir in eine Kneipe gegangen.
Am Eingang wollte man mich aber zunächst nicht reinlassen, weil mein Pass nicht russisch ist. Die Logik dahinter hab ich immernoch nicht ganz verstanden, aber als Olga dann meinte, dass ich aus Deutschland komme, haben sie mich strahlend reingelassen.
An dem Abend hab ich gemerkt, dass mir das in Tschita wirklich gefehlt hat: Ausgehen, Chillen und junge Leute treffen. In Tschita scheinen irgendwie alle geflüchtet zu sein :D

2. Tag
Am Sonntag sind wir dann mit einem Spaziergang an der Angara in den Tag gestartet. Dann sind wir auf den
russischen Markt gegangen, wo es ökologisches Kaugummi gab, was nach Tanne geschmeckt hat und was man auch immer wieder benutzen kann. Lecker ist wirklich was anderes...
Mit Olga an der Angara
Anschließend ging es über den chinesischen Markt in ein koreanisches Restaurant und später ins Kino. Wir haben uns einen russischen Film angeguckt über einen Tänzer. Ich hab zwar herzlich wenig verstanden, aber es war trotzdem ganz cool :)
Am Abend sind wir dann mit Tequilla (dem Hund) in den Wald gegangen und haben ein Lagerfeuer gemacht.
Dazu gabs noch Stockbrot und Rum.
Die Zeit mit Olga ist sehr schnell vergangen und wir haben uns echt gut verstanden :)



3. Tag: Chuzir, Olchon, Baikal
Nun ging es also los an den See :)
Irgendwie hab ich mir meinen Weg zum Busbahnhof erfragt und hab auch die Maschrutka, die zur Insel Olchon auf dem Baikalsee fahren soll, gefunden.
Mit noch 8 anderen Leuten sind wir dann 5 Stunden später auf der Insel angekommen und wortwörtlich in
einem Kuhkaff gelandet.
Wir mussten erstmal eine kleine Pause einlegen, weil der Fahrer die Maschrutka reparieren musste..
In der Zeit hab ich mich ein bisschen mit den andern Leuten unterhalten und beschlossen, mit ihnen eine Unterkunft zu suchen. (3 angebliche Manager um die 40 Jahre alt)
Dann sind wir noch eine weitere Stunde lang über die 'Straßen' nach Chuzir gefahren, wo wir in der Unterkunft den Rest der 'Manager-Gruppe' getroffen haben.
Die nächsten Tage auf der Insel Olchon sollte ich also mit einer 11er Gruppe von Managern verbringen. 10 Männer und 1 Frau + ich.





 


4. Tag
Am nächsten Morgen sind wir mit der Gruppe zum Schamanfelsen gegangen.
Dort waren wir ca. eine Stunde lang und die Männer haben angefangen, sehr melancholisch in die Ferne zu starren und Son Ghoku ähnliche Bewegungen zu machen, um die Energie zu spüren. Ich fand das alles eher ein bisschen fraglich, aber die Gegend wo wir waren, war total schön.
Danach sind wir ins Geschäft gegangen und die Leute haben allen Ernstes 10 Flaschen Wodka gekauft.
Am Homestay angekommen ging es dann auch nach dem Lebensmotto 'Ein Wässerchen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen' weiter, und die Flaschen wurden angebrochen.
Irgendwann hab ich aufgehört zu zählen, wie viel getrunken wurde, weil dann auch der langersehnte Schaman gekommen ist, eine heilige Person, bei dem man für 2000 Rubel (50 Euro) einen Wunsch äußern konnte.
Von den ganzen Ritualen bis zu seinen Sing-Sang-Sprüchen hab ich nicht ganz so viel verstanden, aber es war ganz interessant anzusehen.

Nach dem Mittagessen sind wir dann mit dem Boot aufs Festland zu einer Wasserquelle gefahren. Unter dieser Quelle musste ich dann meinen Kopf halten und ein Mann aus der Gruppe, der sich für einen heimlichen Schamanen hielt, hat irgendwas gesungen. Das Wasser war arschkalt, die Luft sowieso und ich war klitschenass, aber laut dem Mann, war ich nun irgendwie neugeboren.
Die anderen 11 Leute haben sich dann aufeinmal ausgezogen und in dem Wasser gebadet :D
Später waren dann alle so von der Energie des Wassers ergriffen und wollten mich davon überzeugen, dass ich meine Brille absetzen muss, um die Geister richtig wirken zu lassen. Ich hab den ganzen Hokuspokus mitgemacht, meine Brille abgegeben und im Endeffekt hatte ich dann eine verbogene Brille..
Wieder auf der Insel gings auf dem Rückweg natürlich erstmal wieder in einen Supermarkt, weil die 10 Flaschen Wodka vom morgen schon aufgebraucht waren.
An der Unterkunft sollte dann noch mehr Energie bei einem Lagerfeuer getankt werden (inkl. Wodka natürlich). Ich war aber von den ganzen Ritualen ziemlich erschöpft und bin schlafen gegangen.



5. Tag Chaboi
Feeling some energy
Auch am nächsten Tag gab es für die Gruppe zum Frühstück wieder das kleine Wässerchen. Beim Essen haben mir dann einige erklärt, dass das Ziel der Reise sei, Energie aus allen Elementen zu tanken und ein harmonisches Ich zu entwickeln.
Eine Stelle der Insel Olchon, an der es wohl sehr viel Energie geben soll, sei Chaboi. Wir sind dann nach dem Frühstück mit der Maschrutka Richtung Norden gefahren. Zwischendurch haben wir immer wieder angehalten (unter anderem natürlich beim Getränkemarkt...) um die Energie aufzunehmen.
Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, ob die Energie-Rituale wegen des Alkohols durchgeführt wurden, oder ob die Leute wirklich so sind.
Die ganze Zeit wollten mich alle umarmen und mir ihre Hände auf die Schultern legen, um mir ihre Energie weiterzugeben. Leider haben sie weder ein "Nein" noch ein "Danke, aber ich hab bereits genug Energie" verstanden und so war ich so langsam etwas genervt.
Als wir dann in Chaboi angekommen sind war aber alles wieder einigermaßen ok und ich konnte mehr oder weniger ohne Energie-Neuschöpfungen die Aussicht genießen. Ich muss echt sagen, dass die Natur da einfach der Hammer ist :)

Am Abend am Homestay angekommen, hab ich eine Maus durch mein Zimmer huschen sehen. Als ich das dann einem Mitarbeiter mitgeteilt habe, hat dieser mir versichert, sich um das Problem zu kümmern. Anstatt einer Mausefalle habe ich dann eine Katze bekommen. Das einzige Problem dabei war nur, dass es eine 2 Monate alte Katze war, die lieber mit mir spielen wollte, als die Maus zu fangen und so wurd ich bis 4:00 Uhr von der Katze genervt, sodass ich die Maus wieder vergessen habe.

















6. Tag Zwischenstopp Irkutsk und Listvyanka
Die ganze Gruppe
Die Zeit auf Olchon war zu Ende und ich wollte zu meinem nächsten Stopp am Baikalsee-nach Listvyanka. Die Gruppe von Managern wollte ebenfalls weiter und in eine Stadt in die Mongolei, wo es sehr viel Energie geben sollte. Sie haben mich noch gefragt, ob ich nicht mitkommen wollte, aber einen Tag länger mit den Leuten und ich wär durchgedreht :D
Ich war sehr froh, die Gruppe getroffen zu haben und es war auf jeden Fall sehr interessant, aber jeden Tag hören zu müssen, dass ich mein Leben nicht richtig leben würde, dass ich Berührungsängste hätte, weil ich nicht mehr umarmt werden wollte und die ganze Energiesuche war doch schon ziemlich nervig.
Wir sind dann noch zusammen nach Irkutsk gefahren und von dort aus bin ich dann weiter nach Listvyanka gefahren.
Auf der Straße dort habe ich zwei Mädchen angesprochen und gefragt, ob sie eine gute Unterkunft kennen würden und es hat sich herausgestellt, dass sie selbst Touristinnen sind und wir sind gemeinsam zu ihrem Hostel gegangen.
Meine nächsten Tage in Listvyanka habe ich dann mit Hannejii, Hilde und Ainosilva verbracht. Die Namen konnt ich mir aber bis zum Schluss nicht merken :D

7. Tag Listvyanka
Am 7. Tag hab ich mich dann auf Erkundungstour in Listvyanka gemacht.
Auf dem Cherszki Fels
Alle haben den Schamanfels in der Angara empfohlen, den man von dem Aussichtspunkt Cherszki am besten aus sehen kann. Also hab ich mich auf den Weg gemacht.
Als ich dann oben angekommen bin, hab ich aber weit und breit keinen Schamanfelsen im Wasser gesehen. Ich hab in einer Hütte nachgefragt, wo denn der Stein ist und letztendlich war es nur eine kleine Spitze, die aus dem Wasser herausguckt. Als atemberaubend hab ich den jetzt nicht empfunden, aber das ist vielleicht Geschmackssache :D
Schamanenstein


Auf meinem Weg zurück in die Stadt bin ich an einem Häusschen vorbeigekommen, an dem "Lebende Bären" geschrieben stand. Aus Neugierde und weil die Tür offen stand bin ich reingegangen und war echt geschockt. Drin war ein kleiner Käfig, in dem eine kleine Hundehütte stand und in dieser Hütte lag wirklich ein Bär. Schrecklich..





8. Tag Auf dem Weg nach Hause
Am 8. Tag gings dann wieder nach Irkutsk, wo ich mich nochmal mit Olga getroffen habe. Zusammen mit einer Freundin haben wir dann Reis mit Tofu gegessen :D Und es war gar nicht so schlecht :)
Nach einem Spaziergang mit dem Hund musste ich so langsam wieder zum Bahnhof.
Die Rückfahrt mit der Transsib war eher schlecht als recht. Ich glaub ich hab noch nie so viele schnarchende Menschen auf einmal gehört :D

Alles in allem bin ich total begeistert von der Reise. Der Baikalsee ist total schön und die Leute sehr nett. Und obwohl ich alleine gereist bin, war ich doch irgendwie nie wirklich allein :)